Woran ich glaube
Tue 02 September 2025
An was glaube ich? Ich fühle mich keine Religion zugehörig. Ich bin kein Christ, Moslem oder sonst irgendwas. Aber ich glaube, dass es einen Gott gibt.
Zunächst gibt es auf jeden Fall die materialistische Welt. Es gibt Materie in Raum und Zeit. All das kann die Wissenschaft erfassen.
Darauf aufbauend gibt es abstraktere Dinge, wie Gegenstände. Ein Stuhl existiert nur auf einer anderen Ebene, die von der materiellen Ebene abstahiert ist. Wenn man ein winziges Stück aus dem Stuhl heraussägt, ist es immer noch ein Stuhl. Wenn man aber alle Stücke von dem Stuhl wegnimmt, ist es kein Stuhl mehr. Nichts von den Einzelteilen allein macht es zum Stuhl. Er "existiert" nur, weil er als solches bezeichnet wird. Allerdings ist die Bezeichnung keine Illusion, sondern bezieht sich auf das Materialistische. So entsteht diese abstraktere Ebene.
Es gibt auch kompliziertere, vielleicht auch abstraktere Ebenen, wie gesellschaftliche Konstrukte. Eine Organisation "existiert" auch nur insofern, dass sie als solche bezeichnet wird. Der Bezeichnung geht eine Unterscheidung vorraus. Die Organisation wird von dem unterschieden, was sie nicht ist. Als das passiert auf der Basis von tatsächlich existierender Materie.
Dasselbe gilt auch sehr anschaulich für Sprache. Ein geschriebenes Wort ist nur Tinte auf Papier, also eine bestimmte Anordnung von Materie. Ein gesprochnenes Wort ist nur Luft aus einem Mund. Diese Anordnung von Materie trägt selbst keine weitere Bedeutung und überall ist Materie irgendwie angeordnet. Erst durch Unterscheidung und Bezeichnung, sind es Wörter.
Bisher haben wir nur von Materialistischem und von Abstraktionen davon gesprochen. Es gibt aber noch etwas sehr offensichtliches, das anders als materialistisch ist. Was bedeutet aber zunächst "anders"? Dafür möchte ich als Analogie die soziologische Systemtheorie nach Luhmann heranziehen. Nach dieser gibt es autopoietische Systeme. Mir geht es hier um die Funktionssysteme der Gesellschaft, die ich als Vergleich nutzen möchte. Ich behaupte allerdings nicht, dass das, mit was ich sie gleich vergleichen möchte, genau dasselbe ist oder überhaupt Systeme sind. Als Funktionssysteme gelten beispielsweise das Rechtssystem, das Wirtschaftssystem, das Gesundheitssystem, und so weiter. Dabei sind diese Systeme nicht so zu verstehen, wie man es alltagssprachlich tut, als Ansammlung von Organisationen. Sondern es geht darum, wie Sachen relevant werden. Wenn darüber gesprochen wird, ob etwas gesund oder krank macht, so ist es teil des Gesundheitssystems. Wenn die Legalität von etwas diskutiert wird, so ist es teil des Rechtssystems. Worauf ich dabei hinaus möchte, ist, dass das Gesundheitliche etwas anderes ist als das Rechtliche und das Rechtliche etwas anderes ist als das Wirtschaftliche. Sie arbeiten jeweils nach eigenen Regeln und können sich niemals einig werden. Sie können sich zwar gegenseitig von außen beeinflussen, aber die einzelnen Funktionsysteme sind jeweils autonom.
Genauso oder so ähnlich verhält es sich mit dem Materialistischem und was nicht materialistisch ist. Eine nicht materialistische Sache, die aber meiner Meinung nach offensichtlich parallel dazu existiert, ist Bewusstsein. Natürlich gibt es auch eine Psyche, die rein auf einer abstrakteren Ebene von materialistischen Vorgängen im Gehirn existiert. Das Bewusstsein beeinflusst diese vermutlich auch, nämlich wenn man bewusste Entscheidungen trifft. Ich behaupte allerdings, dass Bewusstsein etwas komplett anders als Materie ist und ihr nicht entspringt. Bewusstsein existiert für mich völlig selbst verständlich. Bewusstsein ist das Einzige, was mit hundertprozentiger Sicherheit tatsächlich existiert. Währrend alles eine Illusion sein könnte, muss irgendwas von mir (nämlich mein Bewusstsein) tatsächlich existieren, dass illusioniert ist. Da ich etwas wahrnehme, muss das ich in irgendeiner Form existieren.
Würde Bewusstsein aus Materie stammen, müsste man von einem Entstehungsprozess und nicht reiner Abstraktion sprechen, denn Bewusstsein existiert wirklich und unterscheidet sich somit von einem Stuhl, der nur Materie ist. Es müsste also eine bestimmte Anordnung von Materie geben, nämlich ein Gehirn, bei der ausgerechnet etwas anderes entsteht. Das halte ich für unwahrscheinlich, da es bei jeder beliebigen anderen Anordnung auch sein könnte und sonst nirgendwo etwas anderes entsteht.
Ich denke also, dass das Materialistische und Bewusstsein zwei verschiedenes sind, parallel gleichermaßen existieren und jeweils eigenen Regeln folgen. Sie können sich von außen gegenseitig beeinflussen, aber sind distinkt voneinander. Das Materialistische nimmt Einfluss auf das Bewusstsein, indem wir Sachen wahrnehmen. Das Bewusstsein nimmt Einfluss auf das Materialistische, indem wir bewusste Entscheidungen wahrnehmen. Möglicherweise sind Quanten ein drittes verschiedenes von den beiden, vielleicht ist es aber auch dasselbe wie eins der beiden. Möglicherweise gibt es auch noch andere verschiedene "Welten" von denen wir (noch) nichts wissen.
Ich glaube, dass all dieses erschaffen wurden. Urknall-Theorien deuten jedenfalls darauf hin, dass es die Möglichkeit einer Nicht-Existenz von Materie gibt. Genau lässt sich das natürlich nicht sagen, da Wissenschaft sich immer nur auf das Materielle beziehen kann. Ich glaube, dass Gott all diese verschiedenen "Welten" aus Gott heraus in Gott geschaffen hat. Der Schöpfungsprozess sollte man nicht zu sehr mit einer Schöpfung durch einen Menschen vergleichen. Für die meisten Menschen in der heutigen Zeit wirken polytheistischen Ideen abwägig und die allermeisten dürften die Vorstellung von einem Gott oder keinem Gott haben. Wenn man jetzt sagt, das, was existiert, ist außerhalb von Gott, würde man meines Erachtens von einem zweiten Gott neben Gott sprechen. Ich glaube daher, dass alles in Gott ist, sowohl das Materialistische als auch Bewusstsein als auch, was es sonst noch möglicherweise gibt. Anders gesagt: Nichts ist außer Gott. Gott ist alles, was irgendwie existiert und noch mehr.
Daraus folgen für mich zwei Aufgaben in der Praxis: Erstens wir sollen so viel wie möglich wahrnehmen, denn mit allem was wir wahrnehmen, nehmen wir einen Aspekt von Gott wahr. Zweitens wir sollen alles so schön wie möglich gestalten, denn alles, was existiert, ist Gott und Gottes Schöpfung und soll daher schön sein.
Basierend darauf möchte ich leben und deshalb bin ich auch zum Beispiel vegan oder Kommunist.